Die Gegenwart der Wölfe

 

Sie verfolgten Es. Immer deutlicher konnte Se-Terra ihre Gegenwart spüren. Sie spielten mit Ihm. Ein Rascheln zwischen den Büschen, ein weit entferntes Heulen. Sie wollten Ihm Angst machen. Da. Wieder dieses Heulen. Es kam näher. Sie hatten Respekt vor Seiner Art, doch die Kluft zischen ihnen war groß, zu groß. Sie würden Angreifen, früher oder später.

Se-Terra hatte Angst. Seine Flanken zitterten, Sein Atem ging schwer. Jede Faser seines Leibes wollte einfach nur losgallopieren, den Wald verlassen, so schnell es ging. Doch die Wölfe waren schnell, und Es wußte nicht, wie viele von ihnen auf Es lauerten. Sicher war nur, sie würden Angreifen, wenn Es seine Angst zu deutlich zeigte. Es konnte nur hoffen, den Waldrand zu erreichen, bevor der Geruch der Angst zu stark wurde.

Der Wald wurde dunkler. Sein Horn fand kaum genug Licht, um seinen mystischen Glanz zu verbreiten. Die Wölfe fürchteten das Horn. Dabei würde Es nie ein Lebewesen mit seinem Horn schaden zufügen. Nicht einmal, um Sein eigenes Leben zu schützen.

Wieder ein Heulen. Es war so nah. Viel zu nah.

 

Sie hatten getrunken. Ein wenig zu viel vielleicht. Der Barkeeper, die Drecksau, hatte keinen Spaß verstanden. Sie wären zu laut, hatte er gesagt, und sein arschkriechender Türsteher hatte sie an die frische Luft gesetzt. Frische Luft! Ein Witz für sich in dieser Gegend. Es miefte schlimmer als in manch einer Bahnhofstoilette. Wolfgang hatte sein Messer ziehen wollen, aber die anderen waren ihm in den Arm gefallen. „Ruhig Blut, Wolf. Das ist er nicht Wert.“ Lou-Paul vertrug am meisten von ihnen, und er behielt den kühlsten Kopf. Er hatte recht gehabt, natürlich. Loup hatte immer recht. Trotzdem, Wolf war geladen.

Die Kippe zog einen blutigen Strich durch die Dunkelheit, als er sie auf die Straße schnippte. Er hätte wirklich gute Lust...

„Hey, Wolf. Sieh dir die Braut an.“

Das Mädchen war eine Wucht. Groß, schlank, ein perfekter Körper, die Bewegungen fließend, es war fast so, als gleite sie über den Asphalt. Und Ihr Haar! Gefärbt, was sein erster Gedanke. Doch welche Färbung könnte so ein Weiß ergeben? Es sah fast so aus, als würde ein Kreis aus reinem Licht ihren Körper umweben.

Sie kam in ihre Richtung. Und sie war allein. Es war wirklich keine Gute Idee für solch ein Geschöpf, allein in solch einer Gegend und um diese Zeit umherzustreifen. Hier gab es einige wirklich finstere Gestalten. Wolf wußte das genau, denn er zählte sich selbst dazu.

„Leute, es gibt doch noch Gerechtigkeit.“ Er grinste breit. Es sah aus wie ein Zähnefletschen.

 

Drei Wölfe preschten aus dem Gebüsch und versperrten ihr den Weg. Einer von ihnen machte ein paar Schritte vor und fletschte die Zähne. Ein leises Knurren war zu hören.

Se-Terra blieb stehen. Es zögerte einen Augenblick. Konnte es noch weglaufen? Nein. Sie waren schon zu nah, und sie waren jung. Sie kannten den Wald, und Sie würden Es einholen. Unruhig tänzelte Es auf der Stelle. Aber welche Alternativen hatte Es?

Der Geruch der Wölfe drang in Seine Nüstern. Sie kamen näher.

 

„Hallo Schönheit. Hast Dich wohl verlaufen.“

Das Mädchen war stehengeblieben. Etwas blitzte auf ihrer Stirn auf. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Anscheinend hatte sie die drei Gestalten in der Dunkelheit nicht frühzeitig erkannt. Das Licht in diesen Gassen war auch wirklich schlecht. Wolf grinste wieder. Sie hatte unglaublich große Augen.

Loup legte seine Hand auf Wolfs Schulter. „Das gefällt mir nicht. Wolf, das gefällt mir gar nicht. Etwas ist hier faul.“

„Hey, laß den Scheiß.“ Ärgerlich schüttelte Wolf die Hand ab. „Wir jagen ihr nur einen kleinen Schrecken ein. Wird ihr eine Lehre sein, sich allein in so ‘ner Gegend rumzutreiben. Wir haben einen Lehrauftrag, sozusagen.“ Dann lachte er, und es klang wie ein kläffen.

Langsam schritt Wolf auf das Mädchen zu. Er wußte die anderen beiden würden ihm folgen. Sie folgten ihm immer. Er war ihr Anführer, das Alpha-Tier, sozusagen. Nicht umsonst nannten sie sich das Rudel.

 

Se-Terra erkannte, daß Sein Zögern ein Fehler gewesen war. Es hatte eine Chance gehabt, zu entkommen. Eine kleine Chance zwar nur, aber nun war sie verspielt. Die Wölfe hatten Es umzingelt. Knurrend und bellend umkreisten sie Es. Immer wieder sprang einer vor und schnappte nach dem edlen Tier, so das Es gezwungen war, zurückzuspringen. Es war immer noch ein Spiel, aber es war tödlich.

 

„Na Kleine, wo soll’s denn hingehen?“

Sie hatten das Mädchen umzingelt.

„Zu mir oder zu Dir?“

Langsam umkreiste das Rudel die Fremde

„Oder gleich hier?“

Die drei Freunde bellten vor lachen. Wolf viel auf, wie weiß ihre Haut war. Fast wie Elfenbein. Ein Albino? Aber ihre Augen waren saphirblau. Konnten Albinos blaue Augen haben?

„Laßt mich in Ruhe. HILFE!“ Ihre Stimme war hell und zart und trotzdem kraftvoll. Instinktiv schaute Wolf sich um, ob jemand sie gehört haben könnte.

 

Es wieherte vor Angst, und für einen Moment zögerte das Leittier. Das war Seine einzige Chance. Se-Terra machte einen Satz nach vorne.

 

Fast wäre sie an ihm vorbeigekommen, doch Wolf erwischte ihr ellenlanges, seidiges Haar. Für einen Moment befürchtete er, das grelle Weiß würde seine Hände verbrennen, aber das war natürlich Unsinn, und der Moment war vorbei.

Es gab einen Ruck, und das Mädchen schrie auf vor Schmerz.

„Nicht so schnell, Kleine. Wohin denn so eilig. Die Party ist noch nicht zu ende.“

Er zog sie zurück, und sie stolperte direkt in seine Arme. Ihr Leib war fest und warm und roch nach Rosen. Für einen Moment genoß er die Wärme, dann schubste er sie weiter, in Loups Arme.

„Hier, ein Geschenk.“

„Prachtvoll, fürwahr. Dabei hab ich gar nicht Geburtstag. Was ist mit dir, Rudelwolf?“

Loup gab ihr einen Stoß, und Rudolf fing sie gierig auf.

„Mal kosten.“ Rudelwolf war kein Mann der vielen Worte. Er handelte lieber. Seine Hand schob ihr Haar zur Seite, sein Kopf schoß vor.

 

Einer der Wölfe hatte Es am Schweif erwischt. Vor Schmerz und Überraschung war Es gestrauchelt, und schon waren sie wieder um sie herum. Doch nun war das Spiel vorbei. Die Wölfe griffen an.

Es bäumte sich auf, sein Wiehern klang schrill durch den Wald. Einer der Rudelwölfe sprang hoch und verbiß sich in Seinem Hals. Der Schmerz schoß heiß durch Es hindurch. Überall rot leuchtende Augen, Fänge, Krallen. Angst und Panik drohten Seine Sinne zu überfluten.

Ein tiefes Heulen drang durch den Kampfeslärm.

 

„Laßt das Mädchen in Ruhe.“

Die drei drehten ihre Köpfe wie ein Mann. Hinter Wolf stand ein junger Kerl, groß und schlank, aber nicht sehr kräftig. Verdammt. Wie hatte er ihn übersehen können? Seine seltsame Kleidung, der schwarze Mantel und der schwarze Hut, sie mußten ihn fast unsichtbar machen in dieser mies beleuchteten Gegend.

Er gehört nicht hierher. Sie beide gehören nicht hierher.

Ein schaudern lief durch Wolf. Er schüttelte es ab.

„Halt dich da raus, Mann. Wir haben nur ein wenig Spaß.“

„Ihr vielleicht, aber das Mädchen nicht. Laßt sie gehen.“

Der Mantelträger machte zwei schritte auf Wolf zu.

Ein Messer tauchte wie aus dem Nichts in Wolfs Hand auf. Die Klinge schimmerte matt im trüben Licht.

„Ich sagte, halt dich da raus. Mach ‘ne Fliege. Verpiß dich.“

 

Ein einsamer Wolf stand am Rande des Geschehens. Ein ausgestoßener, ein Vagabund, Einer Ohne Rudel. Sein tiefschwarzes Fell hob sich als schwarzer Schatten von der Dunkelheit ab. Seine Augen leuchteten grün.

Für einen Moment waren die Wölfe abgelenkt, und Se-Terra erhielt ihre zweite Chance. Doch auch sie war gebannt von der unerwarteten Erscheinung. Wie erstarrt stand sie da und harrte der Dinge.

Knurrend und kläffend ging der Rudelführer auf den einsamen Wolf zu. Seine Leftzen waren hochgezogen und entblößten die langen und spitzen Zähne.

 

Der Fremde näherte sich weiter. „Ganz ruhig. Laßt und das klären wie zivili...“

Das Messer schoß vor. Mit einer Geschwindigkeit, die Wolf dem Fremden nicht zugetraut hätte, wich dieser zur Seite aus. Das Messer verfing sich in der Tiefe des offenen Mantels.

Die Handkante des Fremden landete auf Wolfs Ellbogen. Ein surrender Schmerz durchfuhr seinen Körper. Das Messer landete Klirrend auf dem Boden.

Nun kam Bewegung in die anderen beiden. Rudelwolf und Loup stürzten sich von beiden Seiten auf den Fremden. Das Mädchen war vergessen. Doch sie rührte sich nicht.

 

Der Rudelführer griff an, doch der Einsame wich geschickt aus und schnappte zu. Ein Aufjaulen, und aus der Flanke des Alpha-Tieres floß Blut. Nun griffen auch die anderen beiden an. Sie stürzten sich auf den Schwarzen. Knurren, Jaulen, fellbedeckte Körper, die sich ineinander verkeilten, und Se-Terra erkannte, das der schwarze keine Chance hatte. Er opferte sein Leben für Es. Sein Leben!

 

Der Fremde werte sich tapfer und überraschend geschickt, aber er hatte keine Chance. Schnell hatte das Rudel ihn überwältigt. Rudelwolf und Loup hielten ihn so, daß er sich nicht mehr rühren konnte. Sein Hut lag vergessen im Dreck.

Wolf trat vor den Fremden und rieb sich seinen Ellbogen. „So, du neunmalkluges Arschloch. Du hättest auf mich hören sollen. Aber ich bin fast froh, das du es nicht getan hast.“ Wolf zerstampfte achtlos den Hut mit seinen schweren Bikerstiefeln. „Wirklich froh.“

Dann trat er zu.

Das Mädchen war endgültig vergessen, ebenso das Messer.

 

Das Rudel gewann. Das schmerzerfüllte Heulen des Schwarzen hallte durch den Düsterwald. Se-Terra war vergessen, doch Es selbst konnte seine Augen nicht verschließen. Er opferte sein Leben. Es konnte das nicht zulassen. Es senkte den Kopf und trabte los. Sein Horn schimmerte matt im trüben Licht.

 

Wolf holte aus zu einem weiteren Tritt. Die anderen Beiden hatten Mühe, den Fremden aufrecht zu halten. „Er ist fertig“, dachte sich Wolf. „Der Kerl ist fe...“

Ein heißer Schmerz bohrte sich in seinen Rücken. Vor erstaunen riß er die Augen weit auf. Noch im fallen drehte er sich um.

Über sich stand das Mädchen, die Augen vor Schreck und Entsetzten so groß wie seine, trüb von Trauer und Verzweiflung. In ihrer Hand war das Messer, und er war voller Blut.

„Mein Blut“, dachte er noch, dann versank die Welt in Dunkelheit.

 

Als die anderen beiden Wölfe sahen, wie ihr Anführer fiel, und wie sein Blut vom Horn des Einhorns tropfte, verschwanden sie ängstlich kläffend in der Dunkelheit des Waldes. Zurück blieben Se-Terra, das wie erstarrt war, die Augen auf den zucken Körper des Alpha-Tieres gerichtet, und der Einsame, der sich langsam wieder auf die Beine kämpfte.

Ich habe getötet. Dieser Gedanke hallte in Seinem Kopf wider und wider. Ich habe getötet. Ich habe getötet. Ich habe

 

„getötet. Ich habe getötet.“ Nicht mehr als ein Murmeln, und sie sagte es wieder und wieder. Das Messer glitt ihr aus der Hand, landete klirrend am Boden.

Loup und Rudelwolf starrten entsetzt auf den Körper ihren Freundes. Dann gaben sie Fersengeld. Kraftlos glitt der Fremde zu Boden.

Minuten verstrichen lautlos. Nur das Monotone „Ich habe getötet“ und der schwere Atem des Fremden waren zu hören.

Stöhnend kämpfte sich der Fremde wieder auf die Beine. Einer der Tritte hatte sein rechtes Knie getroffen, und es schmerzte höllisch. Warum mußte er sich auch immer wieder in solche Geschichten verwickeln lassen. Er humpelte auf das Mädchen zu.

Sie schien ihn nicht zu bemerken, erst, als er seine Hand auf ihre Schulter legte, teils, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, teil, um sich abzustützen, löste sie ihren Blick von dem Körper vor ihr und schaute den Fremden an.

„Ich habe getötet.“

Es klang fast wie eine Frage.

„Ihr habt recht getan. Sonst hätte er mich umgebracht. Es war Notwehr. Ein leben für ein Leben.“

Energisch schüttelte sie ihren Kopf.

„Sie verstehen das nicht. Ich habe getötet. Es widerspricht jeder Faser meines Seins. Ich kann nicht töten.“

Der Fremde löste seinen Griff, sank vor dem Jungen in die Hocke, fühlte seinen Puls.

„Er lebt. Aber sein Puls ist schwach. Wir sollten einen Krankenwagen rufen.“

Etwas glänzte in ihren Augen auf. Sie murmelte etwas von „noch eine Chance“, dann fragte sie den Fremden: „Können sie gehen?“

„Wenn ihr mich stützt, wird es schon klappen.“

„Nein.“ Ihr Kopf drehte sich einmal von links nach rechts und zurück. Eine entschiedene Geste, die keinen Widerspruch zuließ. „Ich meine, sie alleine.“

„Ihr wollt hierbleiben?“ Das Gesicht des Mantelträgers war ein einziges Fragezeichen.

Sie zuckte mit den Schultern. Das Haar wallte wie weißes Feuer um sie herum. Erst jetzt bemerkte er den kleinen Diamanten, der zwischen ihren Augenbrauen eingebettet lag.

„Das ist eine gefährliche...“ Sein Blick wanderte von dem Messer zu dem Jungen und wieder zu dem Mädchen. „Aber das wißt ihr ja schon. Wollt ihr, daß das noch mal passiert?“

Sie schaute ihm direkt in die Augen.

„Und wer paßt auf ihn auf?“

Ihre schlangen Finger deuteten auf den leblosen Körper.

„Er wollte was weiß ich mit euch machen und mich umbringen! Wieso sorgt ihr euch um ihn?“

„Es ist ein Leben.“

Der Fremde öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, und schloß ihn wieder, als ihm klar wurde, wie nutzlos das wäre. Schließlich sagte er einfach nur: „Ich bleibe. Ihr holt Hilfe und bringt euch in Sicherheit.“

Sie lachte, und es klang wie das plätschern eine klaren Quelle. „Sie wären in ihrem jetzigen Zusand auch kein Schutz.“ Dann wurde ihr Gesicht ernst. „Holen sie einen Krankenwagen. Schnell. Und vertrauen sie mir. Wir beide passen aufeinander auf.“ Es klang wie ein Witz, aber es war keiner. Der Fremde seufzte, griff sich die Reste seines Hutes und erhob sich ächzend.

 

„Es ist eure Geschichte.“ sagte er nur.

 

Der einsame Wolf drehte sich um und humpelte in die Dunkelheit davon. Se-Terra spürte sein Unverständnis, aber auch seinen Respekt vor Ihm und Seiner Entscheidung. Unwillkürlich fragte Es sich, wieviel er wirklich wußte. Dann war er verschwunden.

Es schloß die Augen und konzentrierte sich für einen Moment. Der Weg lag klar vor ihr. Sie hatte noch eine Chance, zu entkommen. Nur noch eine.

Ihr Horn begann zu leuchten. Sie senkte ihren Kopf und berührte den Körper des Leitwolfes mit dem Lichtstrahl aus ihrem dritten Auge.

 

Sanft legte sie ihre Hände an die Schläfen des Jungen. Ein weißes Licht hüllte den Körper ein, pulsierte im Rhythmus seines Herzschlages. Langsam wurde das Pulsieren stärker, das Leuchten intensiver. Dann bäumte sich der Körper der jungen Frau auf, das Licht flammte grellend weiß.

Und verlosch.

Die Weißhaarige brach neben dem Körper des Jungen kraftlos zusammen. Ihr Haar war stumpf, hatte alles Leuchten verloren. Es wirkte fast grau.

 

Der Wolf erwachte.

 

Ihr war, als hätte er einen seltsamen Traum gehabt, doch er konnte sich an fast nichts mehr erinnern. Da war dieses Licht, dieses unglaubliche Licht, so hell und klar und rein...

Sein Blick fiel auf den Körper der Fremden.

Hilflos lag sie da, und all der Glanz war verschwunden. Sie starb. Er wußte es. Irgendwie hatte sie den Tod auf sich gelenkt. Er fühlte ihren Puls. Er war schwach. Und ihre Haut erschreckend kalt.

Er sollte von hier verschwinden, machen, das er wegkam. Statt dessen griff er sich ihre Handtasche, entleerte sie auf den Asphalt.

Da war es, ihre Geldbörse. Er öffnete riß alles raus, bis er gefunden hatte, wonach er suchte.

Er hielt die Visitenkarte ins Licht einer flackernden Laterne.

Teresa Unico, Heilpraktikerin, stand da, und eine Adresse. Sie wohnte ein gutes Stück entfernt. Was zur Hölle tat sie in dieser Gegend, und warum kam sie in diese Straße?

 

Der Wolf erhob sich. Das Einhorn lag leblos da, und er spürte, wie seine Kraft sich verflüchtigte. Er machte zwei noch wacklige Schritte auf Es zu. Dann leckte er Ihm das Fell, die Nüstern, über die Augen. Er spürte die anderen nicht mehr. Sie waren alleine. Doch das Rudel würde kommen, und sie würden über das Einhorn herfallen. Er legte sich neben Es, drückte seinen Körper gegen den kalten Leib, um ihn zu wärmen. Er würde Es beschützen, mit allem, was er war. Er hoffte nur, das der Einsame Hilfe holte.

 

Wolf setzte sich auf die Bordsteinkante und wartete. Das war eine schlimme Gegend hier. Es gab einige dunkle Gestalten in dieser Gegend, und es war sicher keine gute Idee für ein Wesen wie diese Frau, alleine auf dem Randstein zu liegen, mehr Tod als lebendig. Er griff sich das Messer und sah zu, wie das Blut trocknete. Nun, sie war nicht alleine. Eine dieser Gestalten hatte sich zu ihrem dunklen Schutzengel berufen. Er hoffte nur, daß der Fremde Hilfe holte. Es war ihm egal, was dann mit ihm selbst passierte. Dieses Arschloch sollte sich bloß beeilen.

Er weinte, ohne es zu bemerken.

 

In der ferne Heulten Sirenen. Es klang fast wie Wolfsgeheul.

 

 

© “Der NachtPoet” Stefan Brinkmann, Sonntag, 20. April 1997

 

 

 

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