Scherben

Ich hasse den Regen. Dieses Geräusch, das ewige "dipderip", mit dem er gegen die Fensterscheiben klopft, wie kleine Vogelschnäbel, spitz und unermüdlich, die gegen das Glas picken, kaltes Naß, das um Einlaß bittet.
Die neue Scheibe ist aus Panzerglas. Nicht, daß es irgendetwas helfen würde, wenn das Schicksal sich Einlaß verschaffen will, aber ein wenig beruhigt es mich doch. Den Teppich muß ich noch ersetzen, die Blutflecken lassen sich einfach nicht entfernen, sitzen in dem matten Grau wie Löcher zu dunkeln Geheimnissen. Ich sage immer, es wäre Rotwein, den ich unachtsam verschüttet habe, und achte stets darauf, meinen Gästen nicht in die Augen zu blicken. Als ob sie es sehen könnten. Die meisten sind blind für diese Dinge, runzeln nur kurz die Stirn, und haben es einen Wimpernschlag später vergessen. Das Panzerglas war teuer, da blieb nicht genug für einen neuen Teppich. Manchmal glaube ich, die Flecken werden größer. Aber das bilde ich mir sicher nur ein. In Wahrheit sind die Löcher ja doch nur in meinem Kopf. Ich beginne zu vergessen, was ein Segen ist, aber vielleicht auch ein Zeichen dafür, das ich nun entgültig den Verstand verliere. Ich muß es festhalten, niederschreiben, muß mich vergewissern, das es wirklich passiert ist. Verrückt, denn schon jetzt scheinen mir meine erfundenen Geschichten realer als diese...

Woran ich mich noch genau erinnere, sind die Muster, die Schatten der wirren Linien, die wie ein Netz aus Wasser mein Fenster überzogen und die das Mondlicht auf meinen Teppich zauberte. Ich habe sehr große Fenster, allein die verglaste Balkontür nimmt gut die Hälft meiner Außenwand ein. Ich mochte das sehr, wenn das Licht des vollen Mondes mein Zimmer in sein geheimnisvolles silbriges Licht tauchte, und die unwirklichen Schatten, die es umtanzten, genauso schwer zu fassen wie fast vergessene Träume.
An diesem Abend wußte ich dieses Schauspiel nicht zu würdigen. Ich saß an meinem Schreibtisch, der genau unter dem breiten Fenster neben der Balkontür steht, und starrte leer auf die vielen kleinen Fotoschnipsel, welche meinen Drehstuhl säumten. Wie schnell sich doch alles verändert. Sie war so wunderbar gewesen, so perfekt, ein fleischgewordener Traum. Das Gesicht eine Elfe, fast immer umspielt von einem zarten Lächeln, bezaubernd unschuldig und sündig zugleich. Ihre Augen hatten eine ungekannte Tiefe. Stundenlang konnte ich mich einfach in ihrem Blick verlieren. Nun lag dieses Gesicht in tausend Teile zerschnitten rings um mich verstreut.
Warum hatte sie mich auch angelogen? Ich kann wirklich vieles verzeihen. Eine Bekannte nannte mich mal einen treudoofen Cockerspaniel mit Beißphobie. Treudoof bin ich gewesen, in der Tat. Aber nicht blind. Ich merkte schnell, das etwas nicht stimmt, sprach sie darauf an, und erntete nur dieses Lächeln. Sie sei nur etwas angespannt wegen der Arbeit, sagte ihre Engelsstimme, es sei nichts, nur einige der Kinder aus ihrer Gruppe mit einer leichten Erkältung und deshalb quengelig und nervig. Ich glaubte ihr, so wie ich ihr immer glaubte, vertraute auf ihr Lächeln und ignorierte die Millionen Alarmglocken, die grell in meinem Verstand schrillten.
Erfahren habe ich es dann eine Woche später, am Tag vor dem Regen, von ihrer besten Freundin. Ein Stammgast aus der Kneipe, in der sie Samstag abends jobbte, während ich auf einer Lesung meines neuen Romans war. Ich hatte immer etwas gegen dieses Bedienen, meine Bücher werfen genug ab, daß wir beide davon leben könnten. Aber sie war immer so ungebunden und selbstständig, frei wie ein Vogel, und die Vorstellung, im Käfig meines Geldes zu leben, war unerträglich für sie. Aber genau dafür liebte ich sie, und deshalb hätte ich ihr diese eine Nacht auch verzeihen können.
Nicht aber die Woche voller Lügen.
Ich fuhr zu ihr, wollte sie zur Rede stellen. Konnte es einfach nicht glauben. Was dann folgte, war wie aus einem schlechten Groschenroman, von Geschrei über gegenseitige Beschuldigungen bis hin zur Porzellanvase, die mir um ein Haar einen neuen Scheitel zog, alles inklusive. Was blieb, was grenzenlose Stille, die Art, welche man hören kann.
Ich ging ohne ein weiteres Wort.
Das letzte, was ich hörte, kurz bevor die Tür ins Schloß fiel, war ihr Schluchzen.
Ich verbrachte eine schlaflose Nacht, einen Tag aus dem Nicht-Leben eines Zombies und begann gegen abend mit Bier, ging dann nahtlos über zu Wodka. Irgendwann holte ich alle Fotos von ihr aus den Bilderrahmen, Schubladen und der Pinnwand, und begann, die Liebe meines Lebens zu zerschnippeln. Jeder Schnitt fügte meinem Herzen neue Wunden zu, aber ich war vom Alkohol schon zu betäubt, um den Schmerz zu spüren.
Dementsprechend lange dauerte es auch, bis das neue Geräusch durch den Alkoholnebel zu mir durchdrang. Das gleichmäßige "dipderip" der Regentropfen hatte eine fast hypnotische Wirkung auf mich, und mein Verstand war ebenso leer wie mein Blick, der wie gebannt auf dem zerschnittenen Lächeln meiner Geliebten haftete, ohne es wirklich zu sehen.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
Es hörte sich an, als würde jemand mit einem Eispickel gegen mein Fenster klopfen.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
Immer wieder, mit erbarmungsloser Monotonie.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
Schwerfällig hob ich meinen Kopf, und meine Augen, getrübt von Wodka und Tränen, suchten die Quelle dieses nervigen Geräuschs.
Ein kleiner Vogel, vollkommen schwarz bis auf einen weißen Fleck auf der Stirn, saß auf meiner Fensterbank und klopfte gegen die Scheibe.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
Hielt inne, schaute mich erwartungsvoll an, und begann von neuem, das Glas zu bearbeiten, als wolle er ein Loch hineinpicken, und wenn es tausend Jahre dauert.
Fassungslos beobachtete ich für eine kleine Ewigkeit diese seltsame Schauspiel. Es war einfach zu verrückt. Sein Federkleid war so schwarz wie ihr Haar, in das sie sich erst vor kurzem eine weiße Strähne gefärbt hatte, die meist kess über ihrer Stirn lag.
Langsam, ganz langsam, wich die Betäubung von mir und wurde ersetzt von grollendem Zorn. Ich trank nun wirklich nicht oft, ab und zu ein Bier, manchmal ein paar Cocktails auf einer Party, ein Glas Wein zu besonderen Anlässen. Jetzt wollte ich mich einmal so richtig besaufen, um zu vergessen, und nun bescherte mir der Alkohol eine absolut abgefahrene Vision meiner Ex als Fensterpicker. Wütend wedelte ich mit beiden Händen vor der Scheibe herum, um diese Kranke Einbildung zu verscheuchen.
Das Vögelchen ließ sich davon nicht beirren.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
machte es, und pausierte nur kurz, um mir einen ungeduldigen und zutiefst vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen.
Ich klopfte gegen die Scheibe, erst mit meinem Fingerknöchel, dann mit der ganzen Faust. Das Vögelchen ließ sich davon genausowenig aus dem Takt bringen wie durch mein wütendes Gebrüll. Schließlich verließ mich mein letztes bisschen Vernunft, ich packte die halbvolle Wodkaflasche, sprang auf, ignorierte das Karussell, in das sich mein Zimmer verwandelt hatte, torkelte zur Balkontür, riß sie auf, wobei sie laut krachend gegen mein Bücherregal donnerte und ein paar Bücher auf den Boden schleuderte, und wankte auf den Balkon.
In dem Moment versagte mein Kreislauf, und ich mußte mich am Geländer abstützen, um nicht wie ein nasser Sack Kartoffeln auf dem Betonboden zu klatschen. Langsam kam die Welt wieder zum Stillstand. Fast erwartete ich, das mein lautstarker Auftritt den kleinen Störenfried verscheucht hätte.
"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."
Nicht wirklich.
Die eiskalte Wut kehrte wie ein greller Blitz zurück. Ohne nur einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden, schleuderte ich die Flasche nach dem Federvieh.
Die hastige Bewegung brachte mich aus dem Gleichgewicht, und der regennasse Beton tat sein übriges. Der Boden zog sich unter meinen Füßen weg und landete schmerzhaft hart auf meinem Gesäß. Für ein paar Minuten saß ich wohl benommen auf meinem Balkon, während der Regen meine Kleider und Haare durchweichte, eine traurige Persiflage eines Don Quichotte, geschlagen von einem kleinen schwarzen Vogel mit weißer Haarsträne.
Als wieder Ruhe einkehrte in meinem Kopf, meinte ich zuerst, das Klicken immer noch zu hören, aber es war wohl nur ein Echo meiner Erinnerung, wie ein Bild, das sich in der Netzhaut einbrennt, wenn man es zu lange anstarrt, denn auf der Fensterbank war nichts weiter als ein paar Scherben meines zerborstenen Wurfgeschosses. Kurz glaubte ich, den Kleinen erschlagen auf dem Boden zu sehen, durchtränkt von Wodka, Blut und Regen, aber auch dort waren nur Scherben. Zumindest hatte ich das gefiederte Schreckgespenst verjagt.
Mühsam rappelte ich mich auf und schleppte mich zurück in mein Zimmer. Dieser Wahnsinn hatte mich ein gutes Stück nüchterner gemacht, mit dem Ergebnis, das mir nun jeder Schritt brennenden Schmerz durch mein Steißbein bis hinauf in meinen Kopf jagte. Ich fluchte leise vor mich hin ob meiner Dummheit, eingebildete Vögel mit Wodkaflaschen zu bewerfen. Weit vorsichtiger als zuvor schloß ich die Balkontür wieder und drehte den Griff nach unten, um sie zu verriegeln.
"TSCHUUUUUMP"
Etwas schwarzes raste auf mein Gesicht zu und wurde nur wenige Zentimeter davor von der Glasscheibe aufgehalten. Ich konnte die Erschütterung des Aufpralls deutlich in meiner Hand spüren, die immer noch den Türgriff umklammert hielt. Mit einem Aufschrei stolperte ich rückwärts und wäre um ein Haar von den umherliegenden Büchern erneut zu Fall gebracht worden. Nur mit Mühe gelang es mir, mit rudernden Armen mein Gleichgewicht wiederzufinden.
Erst dann dämmerte mir, was passiert war.
Mein kleiner Freund war zurückgekehrt und hatte sich entschlossen, einen Kamikazeflug gegen mein Fenster zu proben. Nun war er es, der wie ein Betrunkener auf meinem Balkon herumtorkelte und unkoordiniert mit den Flügeln schlug.
Zuerst dachte ich, es müsse ein anderer Vogel sein, denn dieser erschien mir ein ganzes Stück größer. Der Fensterpicker hatte die Ausmaße eines Spatzes, dieses Exemplar ähnelte eher einer Amsel. Doch der weiße Fleck war deutlich zu erkennen, und warum sollten zwei sich so ähnliche Vögel an meinem Fenster vergreifen?
Meine Wut war verraucht. So wie das arme Geschöpf da auf meinem Balkon umherhüpfte, konnte ich es einfach nicht mehr als Produkt meines stark angeschlagenen Geiste sehen. Ein Wunder, das es den Aufschlag überlebt hatte. Wahrscheinlich hatte es eine Gehirnerschütterung, vielleicht einen gebrochenen Flügel. Lautstark meldete sich mein Helfersyndrom zu Wort, und meine Hand war schon wieder auf dem Türgriff...
Als hätte ich ihm damit ein Zeichen gegeben, beendete der Vogel seinen dramatischen Leidenstanz und erhob sich mit ein paar schnellen und kräftigen Flügelschlägen in die Luft, sauste Pfeilschnell davon und war kaum später nicht mehr als ein Punkt über den Dächern der Siedlung.
Ich kam gar nicht erst dazu, mich ob dieser wundersamen Genesung zu wundern, denn eben dieser Punkt beschrieb eine enge Kurve und wurde wieder größer.
Schnell. Ausgesprochen schnell.
Der Bastard kam zurück.
Ich war viel zu verblüfft, um zu reagieren. Wie eine Salzsäule schaute ich regungslos zu, wie das Biest immer größer wurde, und ich meine nicht perspektivisch, sondern wirklich größer. Er wuchs buchstäblich zusehends. Bald war er so groß wie ein Rabe, dann wie ein Adler, und die ganze Zeit war der weiße Fleck wie ein Peilgerät auf mich gerichtet.
Das Geräusch, als er gegen die Scheibe krachte, war grauenhaft, eine Mischung aus tausend Streichhölzern, die gleichzeitig zerbrechen, und einem Nassen Sack, der aus dem dritten Stock auf dem Asphalt aufschlägt. Ich konnte mir gerade noch die Arme vor die Augenschlagen, bevor die Glasscheibe der Balkontür laut kreischend zerbarst.
Etwas unermeßlich schweres traf meine Brust und warf mich nach hinten. Voller Panik griff ich danach, faßte in etwas klebriges, warmes, mit Scherben gespicktes und schleuderte es noch im Fall weit von mir. Mein Kopf schlug hart auf de Teppich auf, messerscharfe Glasscherben prasselten auf mich nieder und fügten mir Dutzende kleine Schnitte zu. Dann versank für gnädigen Moment diese irrsinnige Welt in friedlicher Schwärze.
Die Melodie von "Probier’s mal mit Gemütlichkeit" holte mich in die Wirklichkeit zurück. Ich brauchte fast bis "denn wenn Du stets gemütlich bist", um zu begreifen, das dieser Song meine Handyklingelmelodie war. Ich lag auf dem Boden meines Zimmers, jemand spielte in meinem Kopf Schlagzeug auf meinen Nervensträngen, irgendwo lag ein mordlustiger Monstervogel, der gerade meine Scheibe durchschlagen hatte, und genau diesen Moment suchte sich mein Handy aus, um zu klingeln. Irgend etwas in mir hakte aus, und mit einem irren Kichern hakte ich mein Handy vom Gürtel und starrte auf das Display.
Das Kichern blieb mir im Halse stecken. Ihre Nummer leuchtete giftgrün auf dem Display. Mit einem Schlag kehrten all mein verletzter Stolz, meine Verzweiflung und meine Wut zurück. Der Albtraum um mich herum war vergessen. Wie ferngesteuert wanderte mein Daumen zu dem roten Abweisknopf. Ich wollte nie wieder etwas von dieser Frau hören. Nie wieder. Nie wieder.
Ein Fauchen neben meinem rechten Ohr ließ mich innehalten.
Schon bevor ich meinen Kopf nach rechts drehte, wußte ich, was mich erwartete.
Er hätte tot sein müssen.
Unzählige Glassplitter ragten wie kleine Dolche aus seinem Blutverklebten Federkleid. Einer steckte in seinem rechten Auge. Sein linker Flügel stand in einem unmöglichen Winkel von seinem Körper ab. Er stand schräg auf einem Bein, das andere war abgeknickt unter dem geschundenen Körper vergraben. Der weiße Fleck auf seiner Stirn hatte sich rot verfärbt.
Überall tropfte Blut auf den Teppich.
Sein linkes Auge hatte meinen Daumen fixiert, der immer noch über dem roten Knopf schwebte. Die Klingelmelodie war gerade wieder bei dem Refrain angekommen. Danach würde die Mailbox mir die Entscheidung abnehmen.
Der Vogel öffnete seinen riesigen Schnabel und fauchte mich wieder an. Ich war nie gut in Biologie. Ich weiß nicht, ob Vögel fauchen können. Aber es klang so entsetzlich falsch.
Sein Auge wich nicht von meinem Daumen. Mit aller noch verbliebener Kraft versuchte dieses Ding, sich mit dem noch heilen Flügel und Bein auf mich zuzuschieben, fauchte mich dabei weiter an und hackte mit dem Schnabel in Richtung des Handys.
Die Melodie näherte sich den letzten Tönen.
Das Fauchen wurde aggressiver.
Mein Daumen machte sich selbstständig und drückte im letzten Moment die grüne Taste.
Ganz langsam hob ich das Telefon an mein Ohr.
Zuerst dachte ich, die Mailbox wäre doch schneller gewesen, oder das sie im letzten Moment aufgelegt hätte. Aber dann hörte ich ihren Atem, ganz leise nur, als läge ihr Telefon einen halben Meter von ihr entfernt.
"Verdammt noch mal!" brüllte ich in das Telefon, legte in diese Worte all die verzweifelte Hoffnung, diesen Horror zu beenden. "Spiel jetzt keine Spielchen mit mir und sag etwas!!!"
Ein wimmern. Ganz schwach nur. Dann war die Leitung tot.
Gleichzeitig brach der Vogel in sich zusammen und wurde zu dem, was er von recht wegen sein sollte. Ein blutiges und ziemlich totes Bündel Federn. Nun erschien er mir auch längst nicht mehr so groß. Nicht größer als ein Rabe, nein, eine Amsel.
Ich nahm meinen Blick von dem Kadaver und drückte auf die Rückruftaste.
Besetzt.
Etwas stimmte nicht. Mal von dem abgesehen, was mir gerade widerfahren war, und was schon nicht mehr gewesen zu sein schien als ein böser Traum. Das war einfach nicht ihre Art. Sie war zu stark und Stolz für so etwas. Nie würde sie eine so offensichtliche Schwäche zeigen. Oder ein so billiges Spiel spielen.
Ich wähle noch dreimal ihre Nummer, aber es blieb bei dem "tututututut" der belegten Leitung. Das vierte mal tippte ich die Nummer des Notrufs in mein Handy.
Nachdem ich der faszinierend ruhigen und sachlichen Telefonistin von dem seltsamen Anruf meiner eben noch Freundin berichtet hatte und wohlweislich kein Wort von dem erwähnte, was mir gerade widerfahren war, versicherte sie mir, das man sofort einen Rettungswagen losschicken würde, um nach dem rechten zu sehen.
Erst als ich auflegte, fiel mir auf, das der Vogel verschwunden war. Ich lag alleine in einem durcheinander von Glasscherben, Fotoschnipseln, Büchern und Blut.

Eine, vielleicht auch zwei Stunden später kam der Anruf aus dem Krankenhaus. Ich war gerade dabei, wie ein Schlafwandler durch das Chaos zu wandern, in das sich mein Zimmer verwandelt hatte, und sammelte die Scherben auf. Auch sie hatte wohl zuviel getrunken, sagte mir ein netter und sehr junger Arzt, und war im Suff in ihren Glastisch gefallen, den sie immer so pingelig sauber hielt. Sie hatte viel Blut verloren, und ein paar Minuten später hätte man ihr wohl nicht mehr helfen können. Es sei auch jetzt noch kritisch, aber sie würde es wohl schaffen. Nur ihr rechtes Auge sei wohl nicht mehr zu retten. 
Der Regen hatte zwischenzeitlich aufgehört, und auch der Mond war schon lange untergegangen. Es war beängstigend still, nur in meinem Kopf hallte immer noch dieses

"Klickklickklick. Klick. Klick. Klick. Klickklickklick."

© 2001 Stefan Brinkmann

 

 

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