The Moth And The Light

Hörprobe

 

Himmelsturm - Der Junge

Er ist einer, der auszieht, um Abenteuer zu erleben. Etwas zu finden, was seinem Leben einen Sinn gibt. Einer von unzähligen, dessen Weg ihn letztendlich zum Turm führt.

Getrieben von der Neugierde, gelockt vom Reiz des Unbekannten, beginnt er seinen Aufstieg. Es ist kein leichter Weg. Der Turm weht sich. Der Junge verliert seine Fackel, sein Licht, die Treppe hinter ihm bricht in sich zusammen, und allein in der Dunkelheit, auf offensichtlich unsicherem Boden und ohne einen Weg zurück, schleppt er sich zur Spitze des Turms. Durch die Schwärze. Durch seine Ängste. Dem Licht am Ende des in den Himmel ragenden Tunnels entgegen.

Am Ende seiner Kräfte erreicht er dieses Licht. Das Zimmer, mit dem Mädchen, die am Fester steht und der gerade untergehenden Sonne nachtrauert. Sie ist unsagbar schön, so unschuldig und rein, so vollkommen. Sein Preis, sein Licht, nach all der Nacht. Er will sie berühren, für sich in Anspruch nehmen, eilt auf sie zu...

... doch sie sieht ihn nicht. Hat nur Augen für die Sonne, die gerade ihr letztes Lebenslicht am Horizont aushaucht. Wendet sich ab vom Fenster, vom heranstolpernden Jungen...

... und der Sturm, dessen Stimmen den Jungen den ganzen Weg begleitet,  ihn gewarnt hatten und doch gelockt, mit Liedern über die Schönheit des Mädchens, dieser Sturm der Seelen packt den Jungen, zieht ihn aus dem Fenster, lässt ihn fallen und zerbrechen am Fuße des Turms, so wie sie alle einst aufstiegen und fielen und zerbrachen. Und hebt dann die Seele des Jungen aus seinem zerschmetterten Körper, nun als einer von ihnen. Als Teil des Sturms.

The Moth And The Light vs. Der Junge

So wie das Mädchen den Jungen, ziehen wir manchmal Menschen unwiderstehlich an, ohne es zu wollen. Von denen wir wissen, dass wir ihnen nicht gut tun. Die sich an uns verbrennen werden, wie die Motte an dem Licht. Wir versuchen es zu ignorieren, abzublocken, auszublenden. Und verstärken so doch nur die Faszination, die von uns ausgeht. Das Unnahbare. Die Lust auf das Verbotene, das Unerreichbare. Und so steigern sich unsere Ablehnung und das auf uns gerichtete Begehren gegenseitig so lange hoch, bis einer fällt. Tief.

Und ja, wir könnten es abwenden. Wenn wir uns wirklich mit diesem ungebetenen Gast in unserer Welt auseinander setzen. Aufmachen statt abzublocken. Ent-täuschen, die Illusion, das Bild von uns, durch die Wahrheit zerschmettern. Aber warum sollten wir? Wir haben nicht um diesen Menschen gebeten, sind nicht für ihn verantwortlich. Warum Kraft auf ihn verschwenden, wenn wir ihn doch mit aller Kraft abblocken können? Warum sollten wir unser Licht löschen, nur um eine Mote zu retten? Denn, mal ehrlich, wir leuchten doch viel zu gerne...